Helgolands Sternenhimmel
April 2003
"In diesem Jahr liegt Ostern aber sehr spät", war in der letzten Zeit häufiger zu hören. Ja, was ist das denn für ein Schnack? Wieso liegt Ostern spät? Der Tag der Arbeit ist am 1. Mai, der Tag der Wiedervereinigung am 3. Oktober und Weihnachten am 25. Dezember. Nur Ostern scheint keinen festen Termin zu haben?
Die von Jahr zu Jahr unterschiedlichen Ostertermine haben einen astronomischen Hinter-grund: den Mond. Beim 1. Konzil von Nizäa im Jahre 325, einer Zusammenkunft kirchlicher Würdenträger, wurde unter anderem beschlossen, dass Ostern auf den Sonntag nach dem 1. Vollmond nach Frühlingsanfang fallen soll. Diese Regelung ist heute noch gültig. So ist das frühest mögliche Osterdatum der 22. März, das späteste der 25. April.
Für dieses Jahr gilt: Da nur 3 Tage vor Frühlingsanfang, am 18 März, Vollmond war, ist der dem Frühlingsanfang folgende Vollmond am Mittwoch, dem 16. April. Somit fällt der dies-jährige Ostersonntag auf den 20. April. Da einige andere Feiertage an das Osterfest ge-bunden sind, z.B. Pfingsten, liegen auch diese Tage sehr spät.
Traditionell wird das Helgoländer Osterfeuer am Abend des Ostersonntags auf der Düne entfacht. Sollte Petrus uns wohlgesonnen sein und uns eine sternklare und hoffentlich windstille Nacht bescheren, dann nutzen Sie doch die Gelegenheit und werfen einen Blick auf die Sterne. Da sich auf der Düne bereits ein gewaltiger Holzvorrat angesammelt hat, wird es ein großes und helles Feuer geben. Es wird Ihre Augen blenden und Sie werden direkt am Feuerplatz nur wenige Sterne entdecken können. Aber bevor Sie mit der Dünenfähre zurück zur Insel fahren, lohnt sich ein Schlenker über die Promenade am Dünenhafen. Von hier aus können Sie Helgoland wie ein hell erleuchtetes Kreuzfahrtschiff vor sich sehen. In der Verlängerung der Dünenpromenade Richtung Südstrand ragt eine Reihe Tetrapoden in die Hafeneinfahrt. Über diesen Tetrapoden (Süden) findet sich am Himmelszelt das Objekt unserer Begierde, das Sternbild Löwe (Leo).
Ab 22 Uhr Mitteleuropäischer Sommerzeit (MESZ) ist es dunkel genug, um erfolgreich nach diesem Sternbild zu spähen. Der Riesenplanet Jupiter bietet sich als hilfreiches Himmelsob-jekt zum Aufsuchen des Löwen an. Sofort fällt der in ruhigem Glanze strahlende Jupiter als momentan hellste Erscheinung am Himmel auf. Hoch über dem Südhafengelände hält er sich im lichtschwachen Sternbild Krebs (Cancer) auf. Östlich (links) dieses Sternbildes schließt sich der Löwe mit seinem Hauptstern Regulus an. Auf der Rückseite dieses Blattes befindet sich eine Grafik mit den Umrisslinien des Löwen, anhand derer Sie das Sternbild leicht identi-fizieren können.
Auch dieses Sternbild entspringt der griechischen Mythologie und stellt den Löwen dar, der den Bewohnern des Reiches Nemea Furcht einflößte. So erteilte der König von Nemea Her-kules den Auftrag, den Löwen zu töten. Herkules lauerte dem Löwen vor seiner Höhle auf und als dieser aus seiner Höhle hervorkam, schlug er seine Keule mit solcher Wucht, dass sie an dem metallischen Löwenfell zerbrach. Der Löwe war ob dieses Überraschungsangriffs verwirrt und zog sich in seine Höhle zurück. Daraufhin verschloss Herkules die Höhle mit ei-nem Stein und schlich sich durch einen zweiten Eingang in die Höhle des Löwen. Dort kam es zu einem Ringkampf zwischen Herkules und dem Löwen, in dessen Verlauf Herkules den Löwen erwürgte. Als Beweis für seine Tat trug er den Löwen auf seinen Schultern in die Stadt. Zeus, der Vater des Herkules, versetzte zum ewigen Gedenken an die glorreiche Tat seines Sohnes den Löwen für alle Zeiten an den Himmel.
Mit ein wenig Fantasie gelingt es leicht, in diesem Sternbild tatsächlich einen liegenden Lö-wen zu erkennen. Die sichelförmige Sternanordnung um den Stern Aldhafera (arabisch: die Haarsträhne) stellt den Kopf dar, während die Sterne Regulus (lateinisch: kleiner König), Al-gieba (arabisch: Stirn des Löwen), Zosma und Coxa den Körper des Löwen markieren. Der Stern Denebola schließlich bildet die Schwanzquaste des Löwen.
Das Sternbild Löwe verläuft in einer nahezu identischen Bahn am Himmel wie die Sonne. Sollten Sie zu einer anderen Uhrzeit beobachten als angegeben, ist die Erdrotation zu be-rücksichtigen. Beobachten Sie vor der angegebenen Zeit, finden Sie das Sternbild ein we-nig östlich (links) der angegebenen Himmelsrichtung. Haben Sie erst später Gelegenheit einen Blick an den Himmel zu wagen, finden Sie das Sternbild weiter westlich (rechts).
Thorsten Falke